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Das war: Die Leipziger Buchmesse 2014

Periplaneta Messestand 2014

Die ganze Wahrheit über Bier und Bücher.

Wir sind wieder zuhause. Das Team bescheinigt unisono, dass die Tage vom 13.03. bis 16.03. in Leipzig die ereignisreichsten und anstrengendsten seit langem waren. Wir haben nicht nur viele Eindrücke nach Berlin mitgebracht sondern auch einige fiese, sächsische Grippeviren. Aber so ganz langsam normalisiert sich der Betrieb wieder und die Schnupfennasen verlieren ihrer periplaneta-rote Färbung. Zeit, für eine Rückblende auf unsere allererste Leipziger Buchmesse mit eigenem Stand.

Unsere Projektassistentin Marie fasste es in ihrem kurzen Erlebnisbericht so zusammen:

2.194 Aussteller. Periplaneta war einer davon. Ok, davon kann man sich erstmal abschrecken lassen. Oder sich darauf besinnen, was uns hervorhebt. Da hätten wir junge, neue Autoren, die sich auf ihr (Mund-)Werk verstehen, eine sympathische Affinität zu Bier und ein Motto, was sich nur noch die wenigsten Verlage auf die Fahne schreiben können: „Für die Liebe, für die Kunst.“
Cooel BücherAber dass es uns darum geht, musste man den 175.000 Besuchern erstmal beweisen. Unser Weg, um sie in unseren Stand zu bekommen, waren Lesungen. Davon hatten wir jede Stunde eine, und unsere Autoren haben sich beim Tresen-Lesen wirklich ins Zeug gelegt. Während der Lesungen mussten sich die vorbeiflenierenden Besucher fast immer einen anderen Gang wählen, wenn sie sich nicht durch die erheiterte, rasant angewachsene Menge vor unserem Stand drängen wollten.
Bei so einer riesigen Messe geht es darum, rauszufallen um aufzufallen. Die kleinen Details wie eine münzbetriebene, rock’n’rollende Jukebox, phosphoreszierende Leuchtschaben und kaltgestellte Bücher sind die Dinge, die man gegen protzige Riesenstände und überteuerte Werbeplattformen auffahren kann.
Und dafür kaufte am Ende sogar die gegenübersitzende „Konkurrenz“ unsere Bücher und wir hörten nicht nur einmal: „Hey, also euer Stand ist wirklich der coolste!“

Auch die externen Veranstaltungen bei „Leipzig liest!“ trafen auf reges Interesse. Die zwei MundWerk Galas im Städtischen Kaufhaus und die Subkultur-Lesenacht im HinZundKunZ waren allesamt überaus gut besucht und damit, im wahrsten Sinne des Wortes, ein voller Erfolg. Und David Wonschewski bekam Besuch vom ZDF.

David Wonschewski 2014

Obwohl wir mit der Organisation einer solchen, mehrtägigen Großveranstaltung mit mehreren Veranstaltungsorten Neuland betraten, verlief sie erstaunlich reibungslos. Trotzdem war nicht alles perfekt und nicht alles rosarot. Bei all den Erfolgsmeldungen, die man nun auf den Internetseiten der ausstellenden Verlage lesen kann, beschleicht einen die Ahnung, dass auch sehr viel schöngeredet wird. Unsere Chefin hat einen persönlichen Bericht über die Buchmesse geschrieben und beschreibt darin auch die negativen Aspekte einer solchen Großveranstaltung.

Für viele Verlage ist die erste Buchmesse so etwas wie ein offizieller Ritterschlag. Für uns war es eine unglaubliche Horizonterweiterung. Wir waren, in unserem und im Interesse unserer Künstler, an einer Antwort auf eben jene Gretchenfrage interessiert: Was bringt es den Mitmachenden wirklich? Auch, was die allgemeinen Abläufe und die zahlreichen Zusatz-Angebote für Aussteller betrifft.
Viele privat ambitionierte Besucher, und das sind nunmal geschätzt 90%, wissen gar nicht, was das Dabeisein die Aussteller kostet und wie vielfältig sich bei solchen „Partys“ die Möglichkleiten des präventiven Geldausgebens gestalten. Und wir hatten den Eindruck, dass die Aussteller mitunter auch nicht so recht wissen, was sie dort eigentlich machen. Denn das journalistische Interesse, das etwaiger Händler und das etwaiger Kooperationspartner hielt sich nicht nur bei uns in Grenzen.
Die journalistischen Beiträge in vielen Medien nach der Messe scheinen dies auch zu bestätigen. In erster Linie wird über das Ereignis allgemein berichtet. Die Vorstellung, dass Journalisten scharenweise Themen suchen, dass Fachbesucher Verkaufskataloge zusammenstellen usw. … sind eher romantischer Natur. Und letztenendes haben potentielle Partner ja auch Schwierigkeiten, sich in so einer Masse zu begegnen, weil sie in ihrem jeweiligen Stand ihre jeweilige Präsentation bewachen müssen. Die Fachmesse ist zwangsläufig auch ein gegenseitiges Beobachten der Mitbewerber, um im nächsten Jahr noch mithalten zu können und das bibliophile Publikum wird beim kollektiven Run durch die überfüllten Hallen vom Überangebot erschlagen.
Das wussten wir alles vorher und habens trotzdem getan. Das Ergebnis ist ein Vielfältiges. Euphorie und Ernüchterung gehen dabei ein bisschen Gassi, wobei wir noch nicht entscheiden konnten, wer dabei Herrchen und wer Hund ist. Dennoch haben wir es genossen. Allen voran unsere externen Veranstaltungen, die wir vorbehaltlos als Erfolg verbuchen.

Mundwerk Spoken Word Gala im Städtischen Kaufhaus
Mundwerk Spoken Word Gala im Städtischen Kaufhaus Leipzig mit Hank Zerbolesch, René Sydow, Nicolas Schmidt am Mikro, Leas Streisand und Robert Rescue (hinter der Säule)

Als am Sonntag um 18.00 Uhr der Schlußgong ertönte, wurde es wider Erwarten und abseits der Öffentlichkeit noch einmal richtig spannend.
Wir saßen in unseren gemütlichen 10 Quadratmetern, wollten bei einem kühlen Bier die Messe ausklingen lassen und wunderten uns, dass fast alle Kollegen ihren Stand schon 17.15 komplett geräumt hatten. Wozu nur diese Eile?! Schließlich hatten wir geplant, nach all der Anstrengung den Standabbau auf den nächsten Tag zu verlegen – laut Auskunft der Messe war das ja theoretisch möglich. Doch um 18.01 Uhr flogen die großen Türen auf, die Teppichleger begannen damit, um uns herum den Boden herauszureißen und eine Heerschar von Standabbauern fiel ein. Praktisch wurde die Halle 5 umgehend in ihre Einzelteile zerlegt, die Security war wenig später auch verschwunden und keiner passte mehr auf, wer was in welchen Lieferwagen stopfte.
„Na den Gastro-Kühlschrank könnt ihr aber nicht über Nacht stehen lassen. Hier wird alles geklaut, was nicht nietundnagelfest ist“, bemerkte ein netter Elektriker, der sich auf ein Leikeim-Bier zu uns gesellte hatte. Doch einen klobigen Kühlschrank, der über 1000 Euro kostet, bekommt man nicht in einen Verlags-Kombi voller Bücherkisten. Wir sahen uns schon zusammengerollt die Nacht vor den Kühlschrank verbringen … Ein paar Bestechungsbiere später versteckten wir ihn mit der Hilfe einiger engagierter (und dann auch sehr gut gelaunter) Handwerker samt Bierkisten hinter ein paar Stellwänden. Am nächsten Morgen war zwar das „Versteck“ weg, aber der Kühlschrank war immerhin noch da und wurde von der Firma Leikeim wieder abgeholt. Nur die (vollen) Bierkisten waren verschwunden.

Clara Nielsen am Periplaneta Tresen auf der Leipziger Buchmesse
Clara Nielsen am Periplaneta Tresen auf der Leipziger Buchmesse

Wir haben neue Autoren kennengelernt, potentielle Geschäftspartner gefunden, teilweise Menschen, mit denen wir zusammmenarbeiten, das erste Mal in echt gesehen, wir haben Fehler begangen und daraus gelernt und wir haben ganz viel richtig gemacht.
Wir möchten uns bei allen bedanken, die daran beteiligt waren: bei unseren Autorinnen und Autoren, die auf den Bühnen und am Tresen allesamt glänzten, bei unseren Mitstreiterinnen, auf die immer Verlass war, bei der Firma Leikeim, die uns unbürokratisch Kühlschrank und Getränke zur Verfügung stellte, bei den Veranstaltern, die für den reibungslosen Ablauf der externen Lesungen sorgten, bei allen, die uns im Vorfeld und dann in Leipzig unterstützt haben und bei jenen, die in Gedanken bei uns waren, weil sie selbst nicht kommen konnten. Ihr ward alle großartig! Danke!
Und wir bedanken uns bei der Messeleitung und bei der Messebuchhandlung, die es mit uns, als kritischen Neuling, auch nicht einfach hatten. All unsere Kritik stieß selbst in der größten Messehektik auf Geduld und offene Ohren und wir sind mit dem Eindruck nach Hause gegangen, dass unsere Einwände und Vorschläge, was den uns tangierenden Ablauf betrifft, sehr ernst genommen wurden. Maulhalten vermeidet Konflikte und Veränderungen gleichermaßen …

Marion Alexa Müller, Marie Markert und ToM Manegold, März 2014

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