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Hanz‘n‘Solo

Zwei Vollblut-Slammer

Am Freitag, den 8. Oktober, war der PoetrySlammer Hanz bei Periplaneta zu Gast. Wenn er bei einem PoetrySlam auftritt, liest Hanz gewöhnlich nicht mehr als drei Texte. An diesem Abend jedoch präsentierte er zum ersten Mal sein abendfüllendes Soloprogramm.

Mit seinen witzigen und ironischen Episoden konnte er die Zuhörer auch fulltime begeistern. Unterstützt wurde Hanz dabei von seinem Team-Kollegen Alexander Willrich, der ebenfalls einige Texte zelebrierte. Gemeinsam bilden die beiden sympathischen Jungs aus Baden-Würtemberg das SlamTeam Hanz`N Roses, von dem wir auch einige Texte hören durften.

Auch wenn manche es nicht glauben mögen: Für mich war der Begriff “Poetry Slam” völlig neu. Es handelt sich dabei sinngemäß um einen Dichterwettstreit, einen Vortragswettbewerb, bei dem selbstgeschriebene, fünfminütige Texte einem Publikum vorgetragen werden. Dieses wählt anschließend den Sieger. An besagtem Abend war eine Abstimmung allerdings nicht nötig, Hanz war einfach konkurenzlos.

Das Publikum war bunt gemischt, zwischen 16 und 60 Jahren war jedes Alter vertreten. Hanz schaffte es aber, dass alle sichtlich Spaß an seiner Performance hatten. Ein persönliches Highlight war „Coole Typen“, ein wortwitziger Lebensmittelaufstand im Kühlschrank des Erzählers. Obwohl man mit Essen nicht spielen sollte, jonglierte Hanz mit den Namen und Eigenschaften von rechtsdrehendem Joghurt, grünem Gemüse und scharfen Senf und ließ auch Auberginen, Ketschup und Aufschnitt zu Wort kommen. Jetzt haben wir endlich eine Vorstellung davon, was in unserem Kühlschrank passiert, wenn die Tür zu ist.

Es wurde aber nicht nur ausgelassen gelacht. Bei dem sehr lyrischen „Spiegelbild“ hatte eine junge Frau sogar Tränen in den Augen. Denn der sehr persönliche Text behandelt ein Thema, das sicherlich jeder kennt: Wenn man sich nach langem Zögern und vielen Zweifeln einem anderem Menschen öffnet, dann ist es umso schmerzvoller, verletzt zu werden.

Trotz des zweistündigen Programms (mit zwei Raucherpausen) wurde es in keiner Sekunde langweilig. Auch Alexander Willrich stand Hanz in seiner Darbietung in nichts nach. Innbrünstig berichtete er über die fürchterlichen Folgen, wenn man einen Zwillingsbruder hat, der hässliche Frauen abschleppt. Da kann man am Mikro auch schon mal ausflippen… Sein poetischer Text über Beziehung und Freiheit war eine Hommage an die „eigene“ Selbsterkenntnis und so schickten Alex und Hanz das Publikum auf eine emotionale Achterbahnfahrt zwischen herzlichem Lachen und tiefem Seufzen.

Zusätzliche Abwechslung boten die Teamtexte von Hanz`N Roses. Sie performten wie Synchronschwimmer: Perfekt auf einander abgestimmt erzählten sie abwechselnd oder gleichzeitig vom astrologischem Sternzeichen-Missbrauch oder individuell gestalteten Werbebotschaften. Die Wort-Athleten machten dabei ein erstaunliches Tempo und es war eine echte Herausforderung, dem Pointen-Dauerbeschuss nicht zu entgehen und jede einzelne mitzubekommen.

Letztendlich war der Abend unglaublich unterhaltsam und ausgewogen. Man muss vor diesen zwei Vollblut-Slammern, die im Jahr circa 100 Auftritte auf PoetrySlam-Bühnen haben, wirklich den Hut ziehen. Denn es ist sehr viel einfacher, im Scheinwerferlicht einer großen Bühne 100 feierwillige Studenten mit Fünf-Minuten-Texten zu beeindrucken als in einem Literaturcafé 35 Personen über mehrere Stunden dauerhaft zu fesseln.

Es war wirklich toll! Und wir freuen uns schon sehr auf das erste Buch (mit CD) von Hanz, das bald bei Periplaneta erscheint. Wer also an diesem denkwürdigen Abend nicht dabei war, kann sich Hanz bald nach Hause holen.

 

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