
Ein Erklärungsversuch
Was soll man denn darauf antworten? Ja? Nein? Vielleicht? Als ich das letzte Mal mit einem „Ja“ darauf antwortete, schoss gleich die nächste Frage auf mich ein: „Und an welchen?“
Für mich war ja schon der Name Programm, also mein Gott hieß einfach „Gott“. Das war meinem Gegenüber schon zu viel, denn der glaubte nicht an „Gott“ sondern an „Schicksal“. Nun ja. Auch ein guter Name. Aber damit war noch lange nicht genug, denn nun fragte er, was an „Gott“ denn gut sei? Ein „Das geht dich gar nichts an!“ lag mir schon auf der Zunge, doch ich schwor mir an dem Tage, mich eingehender mit der Frage zu befassen, um beim nächsten Mal eine eindeutige, unantastbare Definition meines Glaubens abgeben zu können. Fangen wir also bei den Elementar-Definitionen an, um erst einmal abzugrenzen, woran ich so alles glauben könnte:
Als erstes wäre da der Theist. Er glaubt daran, dass (ich nenne ihn mal) „Gott“, ein schöpferisches, transzendentes, über alles herrschendes Wesen ist, dass unsere Welt erschaffen hat und manchmal, durch Wunder und ähnliches in ihr wirkt. Der Monotheist schließt sich dem an mit dem Definitions-Zusatz, dass es nur genau ein Wesen dieser Art gibt und kein weiteres neben Jenem existiert, während der Polytheist gleich einen Haufen solcher Wesen als herrschende Kraft anerkennt. Der Pantheist glaubt daran, dass „Gott“ nicht im Universum schafft, sondern quasi das Universum selbst ist, mit allem was darin kreucht und fleucht. Nicht zu verwechseln mit den Animisten, der lediglich glaubt, dass jedem natürlichen, organischem oder nicht organischem Wesen eine Seele innewohnt. Der Panentheist stellt „Gott“ noch höher und schreibt ihm noch mehr zu, als nur das Universum und alles was darin ist. Das heißt, dass auch alles Nichtmaterielle Teil des einen „Gottes“ ist. Der Henotheist ist zum Teil ein Monotheist als auch ein Polytheist, irgendwie… er glaubt nämlich zwar an mehrere Götter schiebt aber nur einem die höchste Macht zu, so ungefähr wie der Papst der Chef von allen Kardinälen, weitergehend die ganze hierarchische Riege abwärts ist. Der Kosmotheist glaubt daran, dass „Gott“ für diese Welt nichts kann, dass es quasi eine höhere Macht als „Gott“ gibt. Für ihn wäre „Gott“ nur eine Bezeichnung für eine Art alten Helden. Der Kosmotheist ist quasi ein Atheist, denn er glaubt nicht an eine Existenz eines schöpferischen, transzendenten oder immanenten Gottes – der Atheist leugnet zuweilen sogar Gott. Nicht zu verwechseln mit dem Agnostiker, der weder leugnet noch darauf besteht, dass es einen „Gott“ gibt. Er ist schlichtweg der Ansicht, dass die Frage nach „Gott“ entweder ungeklärt, definitiv nicht zu klären oder überhaupt irrelevant für das irdische und nicht irdische Leben sei. Letzteres glaubt auch der Ignostiker, weil er der Meinung ist, dass allein schon die Definition des Begriffes „Gott“ nicht zu klären sei, also auch keine Auswirkungen auf das Leben eines jeden Einzelnen haben kann. Denn während nämlich der Eine glaubt, „Gott“ stecke in einer Ziege und sich wundert, warum Jene willentlich nichts zu seinem Besten bewirkt und der Andere einen Stein anbetet und nichts passiert, während beide vor dem selben Problem stünden, wenn sie Ihre Gottheiten einmal tauschen würden. Der Heide würde an beides glauben, denn er sucht sich speziell Dinge oder Wesen aus, die in unserer Welt tatsächlich existieren und schreibt Ihnen übermächtige Fähigkeiten zu. Der Deist glaubt daran, dass „Gott“ die Welt zwar erschaffen hat, im Übrigen danach aber die Finger von ihr lässt und sich quasi beeiert, wie wir mit ihr und in ihr miteinander umgehen. Der Nihilist schlussendlich glaubt an gar nichts.
Um meinem „Gott“ nun noch ein bezeichnendes Beiwort zu verpassen, fahre ich fort mit der Definition eine Reihe von Adjektiven: „Pazifistisch“ ist gleich Ablehnung jeglicher gewalttätiger Konfliktaustragung, welches auch Selbstverteidigung einschließt, „bellizistisch“ ist die strikte Befürwortung einer solchen Konfliktaustragung, mehrheitlich sogar die Ansicht des „Krieges“ als der höchsten und edelsten Tugend eines Menschen. „Hegemonisch“ meint die Vorherrschaft oder Überlegenheit eines Akteurs, in fast jeglicher Hinsicht gegenüber anderen Menschen, „imperialistisch“ wiederum erst einmal das Streben nach Hegemonie. Als „totalitär“ bezeichnet man in unserem Falle einen Akteur in der Situation eines durch irgendeinen Umstand Stärkeren, welcher versucht, einen Beherrschten, höchstwahrscheinlich Andersdenkenden, mit seinem Glauben zu indoktrinieren und gemäß seines Glaubens zu formen. Als „Apokatastatisch“ gilt ein Akteur, der die Wiederherstellung der ursprünglichen Schöpfung am Weltende zur vollkommenen Anschauung Gottes zum Ziel hat und „pluralistisch“ heißt, mehrere, wenn nicht sogar alle Glaubensansätze als nebeneinander gleichberechtigt darzustellen. Jetzt wisst ihrs also! Ich bin pazifistischer Ignostiker!
P.S. Danke Wiki, eine Spende meines so eben gegründeten Ordens geht dir demnächst zu.
Von Holly Loose
Erschienen im Zillo-Magazin