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Schenke-eine-Ziege e.V.

Interview mit Katharina Möller

Zur Weihnachtszeit wird wieder sehr viel blödsinniges Zeug verschenkt. Unter dem Baum stapeln sich seltsam riechende Badezusätze, porzelane Staubfäger in Engelsform, hässliche Kerzenhalter und Tee in ungenießbaren Geschmacksrichtungen. Allerdings kann man auch Sinnvolles verschenken. Ziegen zum Beispiel. Zugegeben, die Haltung in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung wäre problematisch. Deshalb ist es noch sinnvoller, wenn man sich an den gemeinnützigen Verein Schenke eine Ziege e.V. wendet, denn dann kommt das Geschenk auch in gute Hände. Dieser Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensbedingungen der Bevölkerung in Uganda nachhaltig zu verbessern. Wir fanden das Konzept sehr interessant und haben uns deshalb mit Katharina Möller von Schenke-eine-Ziege e.V. unterhalten.

periplaneta: Wie kam das Hilfsprojekt Schenke-eine Ziege zustande?
Katharina Möller: Der Verein wurde 2006 von Robert Wunderlich und Vanessa Velte gegründet. Sie kamen damals gerade von ihrer Freiwilligenarbeit zurück, bei der sie viele verarmte Familien in Uganda besuchten. Die dort gesammelten Erfahrungen, haben sie dazu bewegt, ein Hilfsprojekt in Uganda ins Leben zu rufen. Der Verein zählt mittlerweile über 100 Mitglieder.

periplaneta: Was sind die konkreten Ziele dieses Projekts?
Katharina Möller: Es ist ganz wichtig für uns, nicht nur die gegenwärtige Lebenssituation der Menschen zu verbessern, sondern auch die zukünftige nachhaltig zu beeinflussen. Das heißt also nicht nur Hilfe, sondern in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe. Dazu setzen wir in drei großen Lebensbereichen an: Gesundheit, Einkommen und Bildung.

periplaneta: Das Projekt nennt sich ja nicht grundlos „Schenke eine Ziege e.V“. Was hat die Verwirklichung dieser Ziele denn mit Ziegen zu tun?
Katharina Möller: Nach der Gründung haben wir in Uganda Land gekauft und dort schrittweise eine Ziegenfarm aufgebaut. Diese Farm gibt trächtige Ziegen an bedürftige Familien ab. Mit der Milch können sie ihre Kinder ernähren und sich ihre eigene Ziegenzucht aufbauen. So kann der lebensgefährliche Eiweißmangel vorgebeugt werden und das Einkommen der Familien aufgebessert werden, das momentan bei nicht einmal 50 Cent pro Tag liegt.

periplaneta: Warum gerade Ziegen und nicht z.B. Schafe?
Katharina Möller: Ziegen lassen sich in Uganda am einfachsten halten. Sie sind die genügsamsten Haustiere und am wenigsten anspruchsvoll und dementsprechend kostengünstig.

periplaneta: Was muss man als ugandische Familie tun, um eine Ziege zu bekommen?
Katharina Möller: Um eine Ziege zu erhalten, müssen die Familien über ein Jahr regelmäßig Schulungen und Workshops besuchen. Ziel der Seminare ist es, Kenntnisse in Landwirtschaft und Tierhaltung zu vermitteln, aber auch in den Bereichen Hygiene und AIDS-Prävention. Darüber bekommen die Familien englischen Sprachunterricht. Erst nach 52 Schulungen wird eine Ziege an die Familie abgegeben.

periplaneta: Nehmen die Ugander mit Freude an den Seminaren teil oder werden sie eher als Mittel zum Zweck empfunden?
Katharina Möller: Das ist unterschiedlich. Einige springen ab, sobald sie davon hören, dass sie erst ein Jahr lang Seminare besuchen müssen. Erfreulicherweise gibt es aber auch viele, die sehr gerne in die Schulungen gehen und mit großer Freude lernen. Meist werden die Seminare übrigens von Frauen besucht, da die Männer häufig irgendwo anders, weit weg vom Dorf arbeiten.

periplaneta: Vermutlich gibt es weitaus mehr Menschen, die gerne eine Ziege hätten, als Ziegen, die tatsächlich abgegeben werden können. Gibt es Auswahlkriterien?
Katharina Möller: Natürlich möchten wir sichern, dass insbesondere die Familien eine Ziege bekommen, die es am nötigsten haben. Deswegen haben wir zu Anfang nach Kriterien wie Einkommen, Bildung, Kinderzahl und Ernährungszustand ausgewählt. Mittlerweile sind wir aber dazu übergegangen, die Familien selbst entscheiden zu lassen. Das heißt einer Gruppe von z.B. fünf Familien steht eine Ziege zu und sie müssen sich untereinander einigen, wer als erstes diese Ziege bekommt. Das Prinzip funktioniert viel besser als gedacht. Die Abstimmungen laufen sehr fair ab, meist sind sich die Familien direkt einig und es gibt so gut wie nie Streit.

periplaneta: Welche Erfolge konnte das Projekt Schenke-eine-Ziege e.V. bereits verzeichnen?
Katharina Möller: Auf dem 23ha großen Land sind ein Wirtschaftsgebäude mit Büros, Lager- und Privaträumen und ein Stall für Ziegen entstanden. Farmmanager, Sozialarbeiter, Tierarzt, Ziegenhirte und Nachtwächter sind dort angestellt und leisten sehr gute Arbeit. Jede von den 147 Familien (etwa 1200 Menschen) hat jetzt einen eigenen Gemüsegarten, kann medizinische Seifen und Cremes herstellen und ist in der Pflanzung und Verarbeitung von Sojabohnen geschult worden. Nebenbei kamen immer wieder neue Ideen auf. Deswegen gibt es nun auch eine Honigproduktion, eine Schweinezucht sowie ein Tierblutdiagnostik-Center.

periplaneta: Was haben Sie in Zukunft geplant?
Katharina Möller: Die Schulbildung ist leider immer noch ein großes Problem. Die Schulen sind entweder überfüllt (es sind teilweise mehr als 100 Schüler in einer Klasse), wegen der schlechten Infrastruktur unerreichbar oder aber viel zu teuer. Deswegen soll eine Sekundarschule gebaut werden, die einen handwerklichen Berufsabschluss ermöglicht. Partner bei diesem Projekt wird „Mbuye Farm School“ sein. Diese Schule wird von deutschen Partnern aus Bielefeld sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unterstützt, was sie zu einem idealen Partner macht. Weiterhin sieht die langfristige Planung die Ausweitung des Gesamtkonzeptes auf weitere Regionen vor.

periplaneta: Wie kann man das Projekt unterstützen?
Katharina Möller: Am besten natürlich mit einer Spende auf das Vereinskonto. Da die Arbeit in dem Verein von ehrenamtlichen Helfern gemacht wird und die Mitgliedsbeiträge zurzeit die laufenden Kosten für den Verein decken, können wir sagen, dass jeder Cent Spende direkt in Uganda ankommt.

periplaneta: Gerade sind die „Ziegenmärchen“ bei Periplaneta als bilinguales Buch mit CD erschienen. Wie kam es zu der Zusammenarbeit von Schenke-eine-Ziege e.V mit dem Ziegenmärchen-Autor Christian von Aster?
Katharina Möller: Vor gut einem Jahr ich wollte meinen Freunden in Deutschland das Projekt näherbringen und sie zum Spenden und zur Unterstützung aufzufordern. Da es nicht nur bei einer Diashow bleiben sollte, bat ich meinen Freund Christian von Aster, ein paar Märchen über Ziegen zu schreiben und diese im Rahmen einer Lesung bei mir vorzutragen. Daraus entwickelte sich dann die Idee für ein Buch.
Damit die Märchen auch die Menschen in Uganda erreichen können, wurden sie zusätzlich ins Englische übersetzt. Diese Geschichten sollen aber auch ein Geschenk an alle Spender sein, die sich mit Geld an der Realisierung der Ziele und der Träume der Menschen in Uganda beteiligt haben.

periplaneta: Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir drücken Ihnen und den Menschen in Uganda die Hufe, dass Ihr Projekt ein voller Erfolg wird!

Das Interview führte Jenny Jacoby

LINKS: Hier geht es zu Schenke eine Ziege.

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