Ein Erlebnisbericht zu Lea Streisands kleinster Lesebühne der Welt.
Das Bänsch in Berlin-Friedrichshain ist klein, süß und hat einen künstlerischen Charme mit Wohnzimmeratmosphäre. Ein besonderes Highlight soll wohl die Toilette sein, habe ich im Internet in den Bewertungen gelesen, und bin natürlich gespannt.
Lea Streisand hat an diesem Abend Christoph Theußl, den Preisträger des diesjährigen Förderpreises der Liederbestenliste, zu ihrer Minilesebühne „Hamset nich kleina?“ eingeladen. Eigentlich sollte es die beiden schon im November zusammen auf der kleinsten Lesebühne Berlins zu sehen geben, wie sie dem Publikum berichten. Leider musste das wohl ausfallen, weil Lea einen Zahlendreher hatte. Aber macht auch nichts, sind die beiden sich einig. Denn jetzt sind sie sowieso älter, schöner und vor allem besser als im letzten Jahr.
Wäre ich schon eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn da gewesen, hätte ich wohl Zeuge von Christophs Gitarren Soundcheck werden können. Um auch den „Zu-Spät-Kommern“ wie mir noch etwas zu bieten, macht Lea vor ihrem ersten Text einige Lockerungsübungen für ihre Stimmbänder mit Zungenbrechern. Danach beginnt Lea die Veranstaltung mit ihrem Text „Jetzt rennen sie wieder“ und Christoph folgt mit einem Lied, dass die klare Botschaft hat: Jedes intelligente Lied hat ein Fazit.
Die Veranstaltung ist wie ein Abend unter Freunden. Lea liest Texte über Jogger, die wie Krokusse im Frühling aus dem Boden schießen, ihr Leben als Zonen-Gabi und lebendiges Ampelmännchen für die taz und findet sogar kleine Geschichten aus Österreich auf ihrem Smartphone. Christoph versteht sich selbst als Musiker, Vater, Schauspieler und Medikamententester. Am wichtigsten ist trotzdem der Musiker und so spielt er Lieder vom künstlerischen Scheitern und perfekten Verrecken, die nur so strotzen vor Charme. Das Publikum ist begeistert.
Zwischendurch reden beide über Schnitzel mit krosser Panade, oder wie es in Österreich heißt „Bröselteppich“, oder über die Herkunft des Namens Lea. Theußl hat nämlich seine Tochter auch so genannt. Seine Lieblingsbedeutung ist natürlich „Löwin“ aus dem Lateinischen. Lea dagegen ist eher realistisch und klärt das Publikum über die eigentliche Bedeutung auf. „Die sich vergeblich Abmühende“ oder einfach „die Hässliche“.
Und auch die mir vorher schon bekannte Toilette wird erwähnt. Lea jammert jedoch über einen schmerzenden Arm nach ihrem letzten Besuch dort und zeigt sich wenig begeistert. Auch aus dem Publikum wird eine Stimme laut, sie habe sich den Kopf gestoßen. Als ich mich während der Pause selbst in den kleinen Raum quetsche, bin ich froh über die vorhergegangenen Ratschläge. Ich hätte mir sowohl Arm als auch Kopf angeschlagen. Denn an der Tür hängt ein Griff in Drachenform, der zwar hilfreich ist, wenn man sich als Frau nicht auf fremde Toiletten setzen will, der aber genauso gefährlich ist, wie er aussieht.
Auch in der zweiten Hälfte wird gelacht, geredet und Anekdoten werden erzählt. Das Niveau hüpft manchmal auf und ab, aber die Stimmung bleibt immer oben.
Kurz vor Schluss reicht Lea ihr Poesiealbum ins Publikum. Poesiealbum heißt es deswegen, weil in ein Gästebuch immer nur Kritik reingeschrieben wird. Frau Streisand jedoch mag lieber Lob und das am liebsten in Reimform.
Für den letzten Text hat dann Christoph noch einen Wunsch: „Mach doch einen Text über den Nationalsozialismus.“ Und prompt hat Lea etwas dazu, schließlich schreibt sie gerade einen Fortsetzungsroman für die taz, der auf dem Briefwechsel zwischen ihren Großeltern basiert. Theußl ist zwar zuerst überrascht, aber rundet dann das Thema und vor allem diesen wundervollen Abend mit seinem Lied „Du bist so deutsch zu mir“ ab.
„Hamset nich kleina?“ findet jeden ersten Freitag im Monat um 20.00 Uhr im Bänsch statt (Bänschstr. 79, Berlin Freidrichshain). Damit man diesen wichtigen Termin nicht vergisst, kann man sich bei Lea auch für ihren äußerst lesenswerten Newsletter eintragen.
Die kleinste Lesebühne der Welt wurde am 04.April 2014 von Sarah Strehle besucht.