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Ein überaus freundlicher Autor

Christian Gottschalk

Interview mit Christian Gottschalk.

Christian Gottschalk hat schon durch Münzferngläser geblickt, bevor der Poetry Slam geboren wurde. Trotzdem schlägt er sich mit seinem leicht überdurchschnittlichen Alter außerordentlich gut in einer Szene, die als Tummelbecken für junge Leute gilt, bevor sie etwas Anständiges machen.
Der wohl einzige Kölner, der jedes Jahr vor dem Karneval flüchtet, liebt das Kleinkunst-Showbizz und kann Kritik so freundlich äußern, dass man danach die Welt umarmen möchte. Nicht allein deshalb ist Christian Gottschalk eine Ausnahmegestalt auf den deutschsprachigen Poetry-Slam-Bühnen.
Bei Periplaneta hat er “Vereinigung der Freunde des Münzfernglases” als Buch mit CD veröffentlicht, für uns nur einer von vielen Gründen, ihn auf ein Gespräch einzuladen.

ChristChristian Gottschalk liestian, wie schaffst du es beim Poetry Slam, die ganzen Jungspunde auf ihre Plätze zu verweisen?

Christian Gottschalk: Klappt ja nicht immer. Entgegen anderslautenden Gerüchten setzt sich auch beim Poetry Slam auf Dauer Qualität durch. Und ich hatte ja genug Zeit zum Üben. Wobei man mit einem guten Text nicht unbedingt gewinnt, der Text muss gut für Poetry Slam sein. Er sollte “rocken”, wie die jungen Menschen das nennen. Außerdem trage ich dort keine Texte vor, für die man sich an Sachen erinnern muss, die älter sind als Google.

Warum tust du dir das an?

Ch. G: Man hat einen Grund, abends vor die Tür zu gehen, obwohl “Criminal Minds” läuft. Und die jungen Menschen in der “Slamily” sind lieb zu einem und nehmen einen dauernd in den Arm. Meistens sind die Veranstaltungen gut besucht. Vor vielen Leuten Texte vorzutragen, macht einfach immer wieder großen Spaß. Außerdem kriegt man nur als aktiver Slammer auch die bezahlten Jobs bei Show-Slams in Einkaufszentren und Straßenbahnen – also eigentlich geht es mir nur ums Geld.

Viele deiner Texte drehen sich um die achtziger Jahre, diese gelten oft als langweilig und als das Jahrzehnt der Modesünden. Trotzdem finden wir sie heutzutage total retro und werden nostalgisch. Warum mögen wir die Achtziger so gerne?

Ch. G: Ich glaube nicht, dass ich die Achtziger als Jahrzehnt so besonders gern habe. Ich war halt 1985 zwanzig, einundzwanzig Jahre alt und habe die Gelegenheit ergriffen, erstmal hauptberuflicher Hausbesetzer zu werden. Das war interessant und lehrreich und hat außerdem indirekt dazu geführt, dass ich heute Autor bin, weil einer meiner Mitbewohner irgendwann bei der Kölner StadtRevue arbeitete und ich dann Kolumnen dafür schreiben durfte.

Deine Texten setzen sich mit den Auswüchsen des Kapitalismus, verdummten und verdummenden Medien und anderen, eher schweren Themen auseinander. Trotzdem bleibst du immer lieb und nett dabei, das ist nicht gerade üblich auf Slam-Bühnen.

Ch. G: Das stimmt. Aber “freundlich, aber bestimmt” ist – für mich jedenfalls – der bessere Weg, Kritik zu äußern. Es muss ja zu einem passen. Auch wenn mich neulich jemand fragte, ob ich Gernot Haßknecht sei.

Christian Gottschalk by Ludolf Dahmen

Du schreibst nicht nur Texte, du machst auch seit jungen Jahren Musik. Was ist aus deiner alten Bluesband geworden?

Ch. G: Der Schlagzeuger ist tatsächlich Berufsmusiker geworden. Der Lead-Gitarrist, Slowhand, macht was mit Computern. Gelegentlich treffen wir uns noch. Ich glaube, irgendwann kaufe ich mir einen ausrangierten Polizeiwagen, wie bei den Blues Brothers, und bringe die Band wieder zusammen.

Für alle, die nicht so lange warten möchten: Christian Gottschalk tritt am 11.02.2015 zusammen mit Thomas Franz im Grünen Salon der Volksbühne in Berlin auf. Vorverkaufskarten für ihr legendäres Programm “Das mit dem Hamster tut mir leid” gibt es hier:

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