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Die PotShow – Die Lesebühne in „Weitweitweg“

Lucas Fassnacht

Ein Ausflug nach Potsdam mit Lucas Fassnacht.

Schlägt man einem in Berlin-wohnenden Menschen vor, für eine Lesung nach Potsdam zu fahren, erntet man erst ein ungläubiges Lächeln und dann eine dankende Absage. Der Großteil der Gefragten kann dann nicht einmal einen triftigen Grund nennen, denn das Argument „ist so weit weg…“, wird mit einem Verweis auf eine Fahrtdauer von ca. 45 Minuten auch widerlegt. Um eine Begleitung für den Abend zu finden, habe ich also verschwiegen, dass es nach Potsdam geht. Die Überraschung war gelungen und die Frage, ob es sich der Weg wirklich lohnt, stand im Raum.

Die PotShow findet im Spartacus statt, auf dem freiLand-Gelände, einem selbstverwalteten Kulturzentrum mitten in der Stadt. Vom Hauptbahnhof aus läuft man vielleicht fünf Minuten. Das Gelände ist groß, bunt und wird außerdem vielfältig und kreativ genutzt – es ist also nur logisch, dort eine Lesebühne zu veranstalten. Im Spartacus bieten an diesem Abend viele Stuhlreihen und Sofas Platz für ca. 150 Zuschauer. Ein Schild am Eingang weist die Gäste daraufhin, dass keine homophoben, rassistischen oder sexistischen Texte und Äußerungen gestattet werden. Die Bühne ist ebenfalls mit Sofas und Tischen bestückt, außerdem hängt eine Art Laken als Deko über der Bühne, die im Laufe des Abends noch für etliche Lacher sorgt, da sich Marc-Uwe Kling ständig unfreiwillig darin verfängt.

Die Mitglieder der PotShow sind eine Mini-Version der Berliner Lesebühne „Lesedüne“. Als Argument gegen einen Abstecher nach Potsdam kann jedoch auch die Aussage, man habe die Lesedüne ja bereits in Berlin gesehen, nicht gelten, da die PotShow jeden Monat andere Gäste aus der Poetry-Slam-, Lesebühnen- und Musikszene aus ganz Deutschland zu sich einlädt. So ergibt sich jeden Monat eine andere sehenswerte Kombination aus Künstlern.

Diesen Monat sind Sarah Bosetti aus Berlin und Lucas Fassnacht aus Erlangen zu Gast. Trotz der hohen Temperaturen gibt es bereits kurz vor 8 eine lange Schlange vorm Eingang. Das Publikum besteht vorwiegend aus Studenten, und diverse Plätze werden mit Jacken und anderen Utensilien reserviert, während man sich noch sehr preiswerte Getränke an der Bar holt. Etwa viertel nach 8 ist es dann so voll, dass einige sogar stehen müssen.

Lucas Fassnacht 2Marc-Uwe Kling liest beinah alle Texte hintereinander, da er wegen einer Migräne gezwungen ist. etwas eher zu gehen. Seine Känguru-Texte sind jedoch alle Teile derselben Geschichte und somit ist es verkraftbar, dass er die erste Hälfte komplett füllt und Maik, Lucas und Sarah nur mit jeweils einem Text drankommen. Die Texte von Maik und Sarah sind witzige, selbstironische Großstadtgeschichten, das Publikum lacht ständig auf (bei den obligatorischen Berliner Bezirk-Witzen lacht man jedoch deutlich weniger als auf den Berliner Lesebühnen). Lucas Fassnachts Texte sind im Vergleich ziemlich ernst und emotional, nach der Pause muss er einen der Texte auf Anfrage sogar erklären. Im Verhältnis stechen seine Texte aber genau deswegen heraus und bleiben im Gedächtnis. Doch nicht nur inhaltlich grenzt sich Lucas ab, denn er liest seine Texte nicht vor, sondern führt sie auf, auswendig und mit großen Gesten. Bei seinem letzten Text über Sprache und Feuer ist das Publikum ganz still und hört bedächtig zu, um dann minutenlang Beifall zu klatschen.

Die Zusammensetzung der Texte des Abends erfüllte somit nicht nur den Bedarf nach Komik, sondern auch nach Tiefsinn, wofür sich die Fahrt nach Brandenburg (tatsächlich kommen die S-Bahnen vor um 12 auch noch alle 15 Minuten) allemal gelohnt hat.

 

Die Veranstaltung am Mittwoch, den 03.07.13, hat Caroline Dietz besucht.

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