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Von Drachen und anderen Flugkünstlern

Wie unsere Fantasy-Edition zum Namen „Drachenfliege“ kam

Das Signet der Edition Drachenfliege, unserer Fantasy- und Kinderbuchabteilung, ist eine Prachtlibelle. Als vor zwei Jahren mit „Schatten über Schinkelstedt“ der erste Fantasyroman bei Periplaneta erschien, eröffnete man eine eigene Edition und brauchte damit auch ein neues Logo. Passend zur Verlagsschabe wurde also nach einem Insekt gefahndet, das irgendwie zu fantastischen Geschichten passte.

Fündig wurde man bei einem wunderschön schillernden Tier mit zarten Flügeln, der Libelle, oder eben der „Drachenfliege“. Weshalb nun dieser Name? Die irritierte Bemerkung eines Bekannten, das Insekt auf dem Cover sei doch gar keine Fliege, brachte mich dazu, der Sache etwas auf den Grund zu gehen. Die Libelle hatte im Volksmund diverse Übernamen, unter anderem eben „Drachenfliege“, und im Englischen heißt sie heute noch so: „dragonfly“.

Einige Gemeinsamkeiten zwischen den feuerspeienden Ungetümen und den eher fragilen Insekten sind offensichtlich. Beide sind ausgezeichnete Flugkünstler und beide sind verhältnismäßig groß, auch wenn die Libellen im Laufe der Evolution wieder geschrumpft sind (einige fossile Libellenarten haben eine Flügelspannweite von bis zu 75 cm). Das langgezogene Hinterteil der Libelle kann durchaus an einen Drachenschwanz erinnern. Und ihr glänzender Panzer, der meist grünlich schillert, muss den Vergleich mit Drachenschuppen nicht scheuen.

Es gibt aber noch weitere Gemeinsamkeiten, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Um dies zu verstehen, muss man sich zunächst etwas eingehender mit den Drachen beschäftigen. Die germanische Version des Drachen war der Lindwurm, ein schlangenartiges Ungetüm mit schuppiger Haut und giftigem Geifer, der bevorzugt in Erdlöchern und trüben Tümpeln hauste. Das Feuerspucken lernten die europäischen Drachen erst später von ihren asiatischen Verwandten. Und wie die germanischen Drachen leben auch Libellen an Seen und Tümpeln, bevorzugt in unberührter Natur fernab von menschlichen Siedlungen.

Libellen haben im Volksmund aber noch weitere unfreundliche Übernamen, wie „Teufelsnadel“, „Teufelsbolzen“ oder „Augenstecher“. Früher glaubte man nämlich, dass Libellen stechen oder beißen und dass ihr Stich giftig oder sogar tödlich ist. Auch da zeigen sich Gemeinsamkeiten mit den Lindwürmern, deren Geifer oder Blut hochgiftig sein soll. Und da solche Verunglimpfungen eines harmlosen und wunderschönen Tiers ins Reich der Fantasie gehören, ist die „Drachenfliege“ doch ein wunderbares Maskottchen für eine Fantasy-Edition.

Von Julia Bossart Meister

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