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I believe …

Aliens und Roswell im modernen Thriller.

Wenn man eine Umfrage starten würde, wann der erste Alien-Thriller veröffentlicht wurde, würden wahrscheinliche viele Befragten auf die 1960er Jahre tippen. Schließlich war das die Zeit der ersten Expeditionen ins Weltall, als der Mensch begriff, dass er mit genügend Technik seinen Heimatplaneten verlassen konnte.
Tatsächlich wurde der erste Alien-Bestseller schon 1898 von H.G.Wells geschrieben, also als Frauen noch Korsett trugen und ihren Kindern das Märchen vom Mann im Mond erzählten.

Per aliens_at_Anonymous_protestH.G.Wells Krieg der Welten erwies sich über die letzten hundert Jahre als Dauerbrenner: Selbst 40 Jahre nach dem Erscheinen des Romans löste die im Radio übertragene Hörspiel-Variante eine Massenhysterie aus. Zudem wurde der Science-Fiction Klassiker, der eigentlich als Parodie auf die Kolonialpolitik des British Empire gedacht war, unzählige Male verfilmt und gipfelte 2005 in dem 132 Millionen Dollar teuren Film von Steven Spielberg. Seine Version der Marsianer-Invasion wurde zum erfolgreichsten Film des Jahres.
Doch am Anfang aller Alien-Block-Buster und der Grusel-Euphorie um boshafte „grüne Männchen“ steht der legendäre Film „Alien“ von 1979 mit Sigourney Weaver in der Hauptrolle. Wegen der von H.R. Giger entworfenen Monster gilt er als einer der visuell beeindruckendsten Filme des modernen Kinos und leitete eine ganze Reihe von Nachahmern ein. Und irgendwann machten die Aliens auch vor den Privatsendern nicht mehr halt.

Anfang der 90er konnte man jeden Abend den Fernseher einschalten, mit geschlossenen Augen ein Programm auswählen und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit landete man irgendwo in der Nähe von Roswell. Damals konnte es sich keine namhafte Serie erlauben, nicht mindestens einen Protagonisten von Aliens entführen oder ihm keine Dokumente aus der Area 51 von einem zwielichtigen Insider zuspielen zu lassen.
Zwar spielten Sendungen wie Akte X oder Dark Skies mit dem Grundgedanken der möglichen Existenz von Aliens und UFOs, aber in ihren Geschichten thematisierten sie mehr als nur die Begegnung mit einer fremden Lebensform. Schleimtriefende Zähne und die boshafte Absicht, die Menschheit zu vernichten reichten eben einfach nicht mehr aus, um das Publikum zu faszinieren. Unethische Versuchsreihen irrer Wissenschaftler und der Machtmissbrauch durch Institutionen waren die zentralen Motive dieser Serien. Die Wahrheit lag irgendwo dort draußen; aber eben nicht mehr in den Weiten des Universums, sondern vielmehr in Roswell oder im Pentagon. Damit wurde die Bedrohung wieder „geerdet“ und ein Stück weit realistischer.
Ende der 90er war plötzlich Schluss mit der Euphorie um die extraterrestrischen Lebensformen und die Mystery-Welle verebbte langsam. Vereinzelt treten Aliens immer noch in der Popkultur auf, sie werden aber nicht mehr als Sensation dargestellt wie in den legendären B-Horrorfilmen der 1960er Jahre und in alten Comics, sondern werden wie in District 9 eher für eine Integrationsdebatte genutzt.

Besonders die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre führten dazu, dass die Frage: „Sind wir allein?“ nicht mehr die gleiche Faszination wie früher auslöst. Wissenschaftler wie Harald Lesch versuchen seit Jahren, die glühende Hoffnung auf eine Begegnung der dritten Art abzukühlen. Zwar vermutete der Wissenschaftler Duncan Forgan erst vor zwei Jahren, dass in unserer Galaxie zwischen 361 und 37 964 fremde Zivilisationen existieren könnten. Auch ein Meteroiteneinschlag als Überträger eines fremden Organismus sei nicht zu unterschätzen. Ein Besuch mit Raumschiffen gilt allerdings als äußerst unwahrscheinlich. Die Distanzen seien nur überbrückbar, wenn nahezu Lichtgeschwindigkeit erreicht werden würde. Und hierfür wäre wiederum eine nahezu unendliche Menge an Energie nötig. Ob es fremde Völker gibt und ob wir ihnen je begegnen, sind damit längst nicht mehr eine reine Glaubensfragen, denn physikalische Gesetzmäßigkeiten und erkenntnisgestütze Statistiken führen zu einer wissenschaftlich begründbaren Wahrscheinlichkeit.

Damit bietet die Frage nach der Existenz von Aliens mittlerweile eher die Grundlage für Verschwörungstheorien, die sich um mysteriöse Regierungsorganisationen drehen. Am berüchtigtsten und geheimnisumwobensten sind in diesem Zusammenhang weder die CIA noch das FBI, sondern die Majestic-12. Die Dokumente über die Entstehung dieser (offiziell geleugneten) Top-Secret-Organisation wurden dem Filmproduzenten Jaime Shandera eines Nachts im Jahre 1984 auf seiner Türschwelle abgelegt. Niemand weiß, wer ihm das in New Mexiko frankierte Paket zugespielt hat.

Der Autor Marc Linck erklärt in seinem Wissenschaftsthriller „Das Majestic-12 Dokument“, um was es sich dabei handelt: Das „Majestic-12 Dokument […] ist eine Amtseinweisung für den 1952 gewählten Präsidenten Dwight D. Eisenhower, die ihn über die Regierungskommission informiert. Letztere wurde auf Initiative seines Amtsvorgängers Harry S. Truman am 24.9.1947 anlässlich des Roswell-Absturzes ins Leben gerufen. Die zwölf Mitglieder der Kommission, ausschließlich Elite-Wissenschaftler und ranghöchste Angehörige des Militärs, hatten danach die Aufgabe, Untersuchungen abgestürzter und geborgener »fliegender Untertassen« zu organisieren und zu koordinieren. Glaubt man den bis heute bekannt gewordenen Unterlagen, unterstanden die MJ-12 einzig dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und agierten als völlig selbstständige Regierungskommission mit eigener Geheimhaltungsstufe.“

Schon eines ihrer 12 Gründungsmitglieder, James V. Forrestal, trat 1949 von seinem Posten als Verteidigungsminister zurück und beging fünf Tage später Selbstmord – so die offizielle Version. Natürlich gab es keine polizeiliche Untersuchung und der Untersuchungsbericht einer Kommission der Navy weißt erhebliche Schlampereien auf. Das ist also ein perfekter Stoff für Verschwörungstheoretiker, da sie Forrestals Depressionen unterschiedlichsten Ursachen zuschreiben – vor allem aber der Entdeckung von Aliens. Führenden Erforschern dunkler Machenschaften zufolge soll sich die Majestic-12 außerdem nicht nur mit Aliens beschäftigt haben. Versuche zur Koppelung von Mensch und Computer und sogar das Streben nach der Weltherrschaft werden zu ihren vielen, abwechslungsreichen Tätigkeitsfeldern gerechnet.

Das ist natürlich genau der Stoff, aus dem gute Thriller gestrickt werden. Einer davon ist sicherlich „Das Majestic-12 Dokument“ von Marc Linck. Und hoffen wir mal, dass dieser Roman nicht seinen Weg zu einer fremden Zivilisation jenseits des Sirius findet, sondern lieber in eurem Bücherregal landet. Man kann sich ja denken, welche Schrecken die boshaften „rosanen Männchen“ auslösen müssen. Und falls diese Zivilisation sich dann noch in unser Sonnensystem wagen sollte, kämen sie bestimmt nicht wie E.T. in guter Absicht auf die Erde. Eine Invasion wie Herr Wells sie sich ausmalte, scheint da schon realistischer.

Oliver Schwab

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