Warum es Albträume gibt und wie man sie los wird.
Die meisten Menschen werden mindestens einmal pro Woche von Albträumen heimgesucht, denn laut New York Times dominieren sie mit 75% unsere Nächte. Dass diese Träume mitunter irrationale und skurrile Handlungsstränge enthalten können, das weiß auch der Protagonist in Meik Höllenkrämers neuem Roman „Nicht von dieser Welt“. Der Erzähler, der massenhaft Käse und Zigaretten konsumiert, findet sich unter anderem in einem überdimensionalen Aschenbecher wieder und befürchtet, von der Asche getroffen zu werden. Er ist der Bedrohung scheinbar hilflos ausgesetzt.
Doch warum haben Menschen überhaupt Albträume? Sollte es im Falle des käseliebenden Protagonisten tatsächlich der Käse sein? Denn vor dem Schlafen gehen verzehrter Käse führt angeblich zu den verrücktesten Albträumen. Dieser Mythos vom Albtraum-Käse lässt sich allerdings leicht aufklären: Käse ist schwerverdaulich. Die Arbeit, die der Körper damit hat, nimmt der sich regenerierende Organismus als Belastung wahr, was wiederum zu den Albträumen führt. Das gleiche gilt auch für Salat, rohes Gemüse und Vollkornprodukte. Am Käse liegt es also nicht (nur).
Laut germanischer Mythen entstehen Albträume, wenn man nachts von einem bösen Fabelwesen, einem Alb heimgesucht wird. Diese Gestalt platziert sich auf der Brust des Schlafenden, und durch den so ausgeübten Druck bekommt man dann schlechte Träume. Später im Mittelalter wurde diese Vorstellung zusätzlich noch sexuell konnotiert und die Wesen hießen Sukkubus und Inkubus. Diese sagenhaften Erklärungen sind aber schon lange überholt.
Seit dem 19. Jahrhundert beschäftigt man sich wissenschaftlich mit Träumen und macht die Psyche für die nächtlichen Erlebnisse verantwortlich. Sigmund Freud ging 1899 mit seiner „Traumdeutung“ noch einen Schritt weiter und verknüpfte die jeweiligen Wünsche und Erfahrungen eines Menschen mit dem Geträumten. Seit den 1970ern weiß man, dass das Gehirn mithilfe von Träumen die tägliche Informations- und Emotionsflut zu verarbeiten versucht.
Vor allem stressige oder gar traumatische Erlebnisse werden nachts noch einmal abgerufen. Da aber nicht alle Teile des Gehirns während der Nachtruhe aktiv sind, fehlen Informationen. Das Gehirn versucht trotzdem, eine gewisse Logik aufrechtzuerhalten und füllt Informationslücken aus anderen Quellen auf. So entstehen dann Träume mit absurden Inhalten.
Doch so furchtbar Albträume auch sein können, sie haben einen Nutzen. Das Gehirn simuliert lebensbedrohliche, gefährliche Umstände und man kann testen, wie man am besten in einer solchen Situation handelt. Albträume sind gewissermaßen eine Übung für das Gehirn. Wird es damit problemlos fertig, so schläft man durch und erinnert sich höchstens dunkel an einen bösen Traum. Ist man jedoch mit der Konfrontation überfordert, so wacht man auf. So erklären sich wiederkehrende Albträume. Das Gehirn setzt sich immer und immer wieder derselben Situation aus, weil es bisher nicht gelernt hat, damit fertigzuwerden. Das ist zwar nett gemeint, belastet den Menschen im Wachzustand jedoch unglaublich. Doch dagegen kann man tatsächlich etwas unternehmen!
Die hilfreichste Methode gegen Albträume ist es, ein Traumdrehbuch zu schreiben. Zuerst schreibt man den lästigen Albtraum auf und überlegt sich danach ein Happy End, mit dem man zufrieden weiterschlafen kann. Träumt man also beispielsweise davon, verfolgt zu werden, dann wäre eine Schusswaffe im Ärmel hilfreich. Träumt man ständig vom Ertrinken, könnten ein paar Kiemen die Lösung sein. Der Fantasie sind selbstverständlich keine Grenzen gesetzt. Der nächste Schritt wäre, sich das rettende Ende immer und immer wieder in Tagträumen vorzustellen. Das ist dann wieder Übung fürs Gehirn, und beim nächsten Albtraum erinnert es sich (idealerweise) daran, dass es ja einen Ausweg gab.
Wenn sich also der Protagonist in „Nicht von dieser Welt“ immer und immer wieder vorstellen würde, dass da keine Zigarettenasche auf ihn zukommt, sondern vielleicht Rosenblüten, dann ist auch der Verzehr vom besten Käse der Stadt keine Gefahr mehr für eine geruhsame Nacht.
Caroline Dietz