Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Moabit liest: Theresa Rath

Das Leben in Zwischenräumen.

Theresa Rath heißt die Autorin, zu deren Lesung ich heute gehe. Ich habe noch nie von ihr gehört, da dies mein erster Tag bei Periplaneta ist. Dafür habe ich mich im Vorfeld schlau gemacht – 23 Jahre ist sie, studiert in Berlin. Auf ihrem Blog mache ich mir ein Bild, was ich erwarten darf und gehe zum „Kapitel 21“, einer Bar, die beim Literaturfestival „Moabit liest!“ als Location dient. Toll, dass ich gleich eine Aufgabe erhalte, die mich fordert.

Als Theresa da ist, gebe ihr die mitgebrachten Bücher, „Kleines Mädchen mit Hut“ und „Die Ketten, die uns halten“. Sie geht noch eine kleine Runde durch die Kneipe und begrüßt die Anwesenden. Dann setzt sie sich auf ein für sie bereitgestelltes Sofa und los geht‘s.

Theresa liest zunächst Gedichte vor. Liebesgedichte, Gedichte über das Leben, den Menschen. Es sind Gefühle und Gedanken, die ich selbst schon hatte und welche sie in Worte fassen kann. Ihre Texte sind tiefgründig, traurig, melancholisch und nachvollziehbar. Es ist still im Raum und kein Applaus erklingt zwischen ihren Beiträgen. „Stadt der tausend Möglichkeiten“ bleibt mir im Gedächtnis, in dem sie das Leben in Berlin beschreibt. Manchmal erklärt sie vor einem Gedicht, was den Hörer erwartet. Gibt sogar am Ende des ersten Teils zu, dass Gedichte sehr persönlich sind und für den Zuhörer meist anstrengend. Anstrengend empfinde ich sie gar nicht. Nach 30 Minuten gibt es eine kurze Pause, dann widmet sie sich den Kurzgeschichten.

Beim Text „Die Hasenscharte“ hören alle genau hin und sind beim überraschenden Ende perplex. Zwei Texte gibt es zum Thema „Facebook“. Der erste heißt „Das Online-Mausoleum oder ewiges Leben“. Es geht um einen Freund, der vor Jahren gestorben ist, dessen Facebook-Profil aber noch existiert. Der Text „Demontage“ lässt zum Schmunzeln verführen, sie schreibt über „sich“, wie sie bei Facebook das vermeintlich perfekte Leben anderer betrachtet und anschließend selbst Vergleiche anstellt. „Unheil“ ist die Kurzgeschichte, an die ich mich am besten erinnere. Es geht um einen Mann, der seine Frau betrügt. Erstaunlich, wie sie diesen Moment einfangen kann und beschreibt, wie sie ihre Vergangenheit sieht, ihre Gegenwart und Zukunft.

Die Lesung endet mit einem kurzen Applaus. Wir sitzen noch ein bisschen am Tisch und unterhalten uns. Dann mache ich mich auf den Weg. Es geht in Richtung Mitternacht und ich bin müde, aber dankbar für diesen inspirierenden Abend.

Sarah Naumann

Newsletter?

Wähle mindestens eine Liste:

Schreibe einen Kommentar