Warum es gerade in Berlin Freibier für alle Periplanetaner gibt.
Auch dieses Jahr ist wieder Leipziger Buchmesse. Vom 12.03. bis zum 15.03. pilgern erneut Tausende Besucher und Hunderte Aussteller zu der zweitgrößten Literaturmesse Deutschlands. Wir schließen uns dieses Jahr dem Marsch auf Leipzig ausnahmsweise mal nicht an.
Und das, obwohl wir uns das leisten könnten. (Ein blöder Satz, der aber gesagt werden muss, weil jeder das als alleinigen Grund vermuten würde.) In den letzten Wochen wurden wir andauernd gefragt, warum denn dann nicht.
Denn letztes Jahr war es doch wirklich grandios: Wir hatten in Leipzig einen ausgeklügelten Konzept-Stand, auf 10 Quadratmetern präsentierten wir eine Miniaturausgabe des Berliner Literaturcafés, mit Mini-Theke, einem Leikeim-Kühlschrank gefüllt mit Kaltgetränken und coolen Büchern, Diskokugel, rotem Teppich und gemütlichen Sitzkissen auf umgedrehten Bierkästen. „Berlin-Independent-Style“, sagte man uns und meinte das anerkennend.
20 Autoren lasen im Stundentakt die besten Texte aus ihren Büchern. Und weil wir sehr gute Autorinnen und Autoren haben, bildeten sich bei uns Zuschauertrauben, während die Besucher bei den meisten unserer Mitbewerber lediglich vorbeiflanierten. Wir verkauften ordentlich Bücher, wir verteilten Freibier, Flyer, Give-Aways, führten „Branchen-Gespräche“, luden im Vorfeld Journalisten ein, hatten sehr schöne Pressepakete vorbereitet und damit die Messe-Pressefächer bestückt. Wir hatten zwei gut besuchte Spoken-Word-Großveranstaltungen und viele kleinere Lesungen im Rahmen von „Leipzig liest“, die allesamt erfolgreich waren.
Seit 2007 sind wir als Journalisten vor Ort und von vielen Verlagen hörten wir im Vorfeld immer wieder: „Lohnt sich nicht, aber man kann sich halt präsentieren und das bringt dann was im Nachhinein.“
2014 dann der Selbstversuch. Für den Ruhm, für die Kunst und für unsere pathologische Neugier. Dass man durch die massiven Kosten, die so ein Messeauftritt mit sich bringt, einen ordentlichen Minusbetrag erwirtschaften kann, war uns klar. Aber wir mussten auch feststellen, dass selbst dieses „Sich-präsentieren“ kaum Auswirkungen hat. Wahrscheinlich sind die Besucher, die Buchhändler und die Presse von der Flut der Informationen einfach nur überfordert.
Dass unsere über drei Monate vorbereitete, von allen bestaunte und bebeifallte PR-Aktion anno 2014 dem Verlag auch im Nachgang nichts gebracht hat, ist leider kein Bauchgefühl, sondern basiert auf einer ausgeklügelten Kontrolle, einer statistischen Erhebung der Verkaufszahlen „danach“, den Klickzahlen auf den Autoren- und Verlags-Webseiten und auf der Erkenntnis, dass es den Autoren keine weitere Reputation gebracht hat – selbst wenn sie auf großen Bühnen gelesen haben und frenetisch gefeiert wurden. In dem drauf folgendem Jahr gab es keinerlei Berichte von Journalisten, keine Anfragen von Wiederverkäufern oder andere Reaktionen, die man noch so wohlwollend auf die Buchmesse zurückführen könnte, keine Kooperationen, die auch nur ansatzweise auf eine Begegnung in Leipzig zurückzuführen wäre… Einzig Dienstleister und Autoren nutzten unsere Präsentation, um uns anzusprechen. Du stehst also an einem Stand. Ab und zu kommt einer vorbei und will Dir was verkaufen. Und ein Meer von Konsumenten schaut vorbei, darf aber im Endeffekt nicht einkaufen … Natürlich hatten wir uns da mehr erwartet.
Der Erfolg unserer Autoren, die letztes Jahr ordentlich durchstarteten, hat aber nachweislich nichts mit ihren fulminanten und nicht entgelteten Auftritten auf der Buchmesse zu tun. Ohne wäre es genau so gut oder schlecht für sie gelaufen.
Eigentlich mögen wir Veranstaltungen dieser Art. Aber ein Verlag muss, wenn er nicht von irgendwem subventioniert und folglich inhaltlich determiniert wird, nun mal wirtschaftlich arbeiten. Sonst ist er fluxdiwupps pleite. Außerdem kann ich die Investition mehrerer Tausend Euro, die ich ja zuvor aus den Buchverkäufen erwirtschaften muss, nicht reinen Gewissens rechtfertigen. Aufwand und Nutzen stehen jedenfalls in Leipzig gerade in keinem Verhältnis. Nicht zuletzt, weil man als Betrieb selbst digital dauerpräsent ist, weil es mittlerweile Google gibt und sich um uns herum alles verändert, nur eben das Veranstaltungsmodell dieser Messe nicht … Deswegen sind wir dieses Jahr nicht mit dabei.
Wenn sich das wieder ändern sollte oder wenn wir eine Idee haben, wie alle, Autoren und Mitarbeitende, einen Sinn in ihrem Engagement sehen können, außer ein lemminggleiches Verhalten aller Mitbewerber, das einzig der Messe und der Messebuchhandlung die Taschen füllt… dann werden wir auch wieder einen Stand haben, denn es hat ja 2014 auch sehr viel Spaß gemacht. Doch in der Zwischenzeit kümmern wir uns lieber um unsere Manuskripte, die Autoren, unsere Veranstaltungen und die Zukunftsfähigkeit von Periplaneta und vertrinken das Geld, was wir sonst ganz sicher umsonst investiert hätten.
Deshalb gibt es bei uns in Berlin nun während der Buchmesse Freibier für alle Periplanetaner.
Fotostrecke bei Flicker zur Buchmesse 2014
Nachbericht zur Buchmesse 2014