Beschreibung
Menschen erschaffen Mythen und Helden, um einschneidenden Ereignissen Sinn zu verleihen. Bashir ist so ein Held. Er ist der Junge, der den Krieg in Syrien ausgelöst haben soll – indem er ein Graffiti an eine Wand in Daraa sprühte. Dies ist die Geschichte dieses Jungen, den es in Wirklichkeit nie gegeben hat:
Auf seiner gefährlichen Flucht lernt Bashir die junge, starke Akilah kennen.
Je weiter sie sich von ihrem Heimatland entfernen, desto größer wird Akilahs Wunsch, sich von den Zwängen zu befreien, die sie in Syrien als Frau einschränkten. Sie sehnt sich nach einem selbstbestimmten Leben in Sicherheit, nach Freiheit und Bildung.
„Akilah und die Legende von Bashir“ ist ein Roman über Flucht, Emanzipation, Krieg und das mediale Phänomen des „Helden“.
Lotte –
‚Akilah und die Legende von Bashir‘ ist eine Geschichte, die mir sehr gefallen hat. Es ist eine Geschichte über den Syrien-Krieg, aber trotzdem vollständig anders ist, als die meisten Kriegsromane. Es ist eine Geschichte über Liebe, Emanzipation, Hoffnung. Eine Geschichte, in der man als Leser verschiedene interessante Menschen und Denkweisen kennenlernt. Eine Geschichte, die zeigt, wie schnell eine Erzählung zu einer einflussreichen Tatsache werden kann, die desaströse Folgen mit sich bringt.
Ganz am Anfang lernen wir Bashir kennen. Er befindet sich in Daraa und erzählt über seine Eltern. Man merkt schon ziemlich schnell, das etwas nicht stimmen kann. Er soll bei seiner Geburt 13 oder 14 Jahre alt gewesen sein, je nach dem, welche Quellen man liest. Bashir ist der Junge, der einen Spruch auf eine Wand gesprüht hat und damit den Krieg in Syrien ausgelöst hat. Langsam wird klar, dass Bashir eigentlich keine konkrete Person ist, aber eine Legende, die so stark im kollektiven Gedächtnis anwesend ist, dass er mehr oder weniger real wird.
Im Buch wird die ganze Geschichte aus seiner Sicht erzählt. Er will seine Mutter finden und flüchtet aus Daraa. Unterwegs beschreibt er alles, was er sieht, wie die Stadt und die Menschen sich ändern. Die Schuldgefühle, die er hegt, begleiten ihm ständig. Hat er wirklich mit diesem Spruch auf der Wand so viele Leben auf seinem Gewissen? Später trifft er auf Akilah, eine junge Frau, auf der Flucht vor der Kriegsgewalt, aber auch auf der Suche nach einem besseren Leben.
Akilah ist eine sehr selbstsichere Frau, die ein unabhängiges Leben führen will. Obwohl sie mit bestimmten Traditionen aufgewachsen ist, merkt man, dass sie mehr will vom Leben. Während des Lebens kann man sich wirklich gut in sie hineinversetzen und man hofft wirklich, dass sie es schafft. Weil Bashir alles erzählt, schafft man es trotzdem noch, genügend Abstand zu bewahren, um alles was geschieht in den richtigen Kontext zu sehen und über die Geschehnisse zu reflektieren. Einige Szenen haben mich sehr beeindruckt, vor allem die Überfahrt über das Mittelmeer. Das wurde so stark beschrieben, dass ich die Verzweiflung und Verlorenheit in jeder Faser meines Körpers gespürt habe.
Auf ihrer Flucht trifft Akilah viele sympathische Menschen, die ihm weiterhelfen wollten. Das hat mir sehr gefallen. Es war nicht alles schlecht. Trotzdem befindet sie sich oft in Schwierigkeiten und weiß sie nicht, wem sie eigentlich trauen kann. Akilahs Geschichte ist nicht nur eine Geschichte von Flucht, es ist auch eine Geschichte über Traditionen und unterschiedliche Kulturen. Es ist einen Kampf, endlich das Leben führen zu können, was man vor Augen hat. Die Handlung zeigt, wie wichtig Glück ist, weil ohne Glück und die Hilfe von Bashir, hätte Akilah es nie geschafft, so weit zu kommen.
Das Buch fand ich großartig. Es war gut geschrieben. Ich war von Anfang an durch die Geschichte mitgerissen. Das Konzept, eine Legende mehr oder weniger lebendig werden und die Handlung erzählen zu lassen, hat mir sehr gut gefallen. Man weiß auch nie 100% sicher, ob es Bashir jetzt eigentlich doch gegeben hat oder nicht. Was ist tatsächlich passiert? Was ist nur die Phantasie der Menschen entsprungen? Am Ende macht es eh nichts mehr aus. Alle glauben daran und die Folgen kann man eh nicht mehr rückgängig machen.
‚Akilah und die Legende von Bashir‘ zeigt die Ängste und Gefahren einer Flucht, aber auch, dass es viele Menschen gibt, die wirklich nett sind und weiterhelfen wollen. Es ist ein Buch, das nachdenklich stimmt, aber trotzdem nach dem Lesen nicht allzu schwer auf dem Magen liegt. Mir hat es sehr gefallen. Empfehlenswert.