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In der Hölle ist der Kaffee einfach besser

Cathryn Holister: Inferno für Anfänger

Ein Interview mit der Autorin Cathryn C. Holister.

Mit „Inferno für Anfänger“ ist der dämonische Debütroman von Cathryn C. Holister bei Periplaneta erschienen. Das Fantasy-Abenteuer spielt in derselben Welt wie schon ihre Kurzgeschichtenreihe „Demon’s Diaries“ – in der Hölle. Hilke Grabenkamp sprach mit ihr über so philosophische Themen wie der Dialektik von Gut und Böse oder Glauben. Außerdem verriet sie, welche ihre literarischen Vorbilder und Inspirationen sind.

Engel und Teufel bedeutet für die meisten gleich „Gut“ und „Böse“. Was bedeutet das „Gute“ und das „Böse“ für dich?

Cathryn: Jeder hat eine Vorstellung von dem „Bösen“, um so das „Gute“ und „Schöne“ sowie sein eigenes Handeln davon abgrenzen zu können. Doch so einfach ist es nicht. Dinge, die im ersten Moment „gut“ und „schön“ wirken, und zu denen man sich hingezogen fühlt, können sich im Nachhinein als verhängnisvoll herausstellen, obgleich sie vom Wesen her vielleicht immer noch „gut“ und „schön“ sind. Hinzukommt, dass es nicht nur der Dinge selbst bedarf, sondern auch des eigenen Handelns, um ihren Charakter zu offenbaren. Das „Gute“ und das „Böse“ sind viel ambivalenter und vielschichtiger, als es ihre bekannten Stereotypen vorgeben – das ist auch ein Grundthema der Geschichte.

Und woher kommt die menschliche Anziehung zum Bösen? Deine Protagonistin findet den Herrscher der Hölle ja von Anfang an unglaublich attraktiv.

Cathryn: Zunächst mal sollte man zu Cays Verteidigung sagen, dass sie ihn ja anfangs nicht als Herrscher der Hölle erkennt. Durch sein Äußeres vermag sie, sogar als sie weiß, wer er ist, ihn nicht als von Grund auf „böse“ wahrzunehmen. Er ist eben nicht das typische Monster, das man erwarten würde, sondern das genaue Gegenteil, und obwohl ihr klar wird, dass sie seiner Verführung zum Opfer gefallen ist, schreibt sie sich selbst einen Anteil daran zu. Das Böse wird damit relativiert, und so sehe ich es auch allgemein.

Welche Rolltreppe hättest du denn an Stelle deiner Protagonistin Cay genommen – die nach oben, ihren Freundinnen folgend, oder die nach unten?

Cathryn: Die Gedankengänge von Cay ähneln sehr meinen eigenen. Wäre ich also auf dem gleichen Wissensstand gewesen wie Cay, wäre ich davon ausgegangen, dass ich eventuell wieder erwachen könnte, hätte ich wohl dasselbe getan. Mit einem besseren Erinnerungsvermögen wäre ich dagegen wohl eher zum Zug zurückgegangen.

C. C. Holister - periplaneta

Wie viel Autobiographisches steckt denn insgesamt in deiner Protagonistin Cay?

Cathryn: Cay ähnelt mir sehr in meiner Art zu denken und Schlüsse zu ziehen, insbesondere bevor sie irgendwelche Entscheidungen trifft. Ihre Freundin Mia ist da ja durchaus anders. Leider führt permanentes Grübeln und der Versuch, ständig alle Gegebenheiten zu einem logischen Ganzen zusammenzufügen, nicht immer zu den besten Entscheidungen, manchmal nicht mal zu den richtigen Schlussfolgerungen – auch das verbindet uns.

Warum spricht dein Satan Bayerisch?

Cathryn: In der Geschichte gehört Satan einer vergangenen, urtümlichen Epoche an. Auch jetzt hängt er immer noch der „guten, alten Zeit“ und den alten Bräuchen nach und will das Neue (und seinen Nachfolger) partout nicht anerkennen. Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, dies sowie das Grobe, Ruppige, das ihn in der Geschichte ausmacht, zum Ausdruck zu bringen, noch dazu in einer Weise, bei dem man ihn einfach schlecht verstehen kann, weil er eben aus einer anderen Epoche stammt. Das Bayerische, vor allem mit seinen zahlreichen blasphemischen Flüchen, erschien mir dafür perfekt.

Himmel und Hölle sind in etwas anderer Form als in deiner Geschichte Teil des katholischen Glaubens. Aber was ist eigentlich Glaube?

Cathryn: Im Grunde drückt es die Geschichte ganz gut aus: Glaube definiert hier letztlich, was nach dem Tod passiert. Mit ihm verknüpft sich eine sehr genaue Vorstellung des Jenseits und diese tritt dann wie eine selbsterfüllende Prophezeiung ein. Alles, was geglaubt wird, wird somit auch zu einer eigenen Wahrheit, sodass am Ende viele Wahrheiten existieren. Auf individueller Ebene ist Glauben dagegen absolut, man glaubt einfach oder man glaubt nicht.

Und an was glaubst du selbst?

Cathryn: Von mir kann ich nicht behaupten, dass irgendein religiöses oder ideologisches Konstrukt je einen solchen bedingungslosen Glauben ausgelöst hätte. Aber wer weiß, was noch kommt …

Neben Himmel und Hölle hast du auch Figuren aus der griechischen Mythologie verarbeitet – warum?

Cathryn: Das ergab sich zum Teil bereits aus der Vorlage. Die Beschreibung der Hölle samt einiger der Hauptcharaktere baut auf Dantes „Inferno“ auf, wenn auch in modernisierter Form. Diese Idee habe ich in der Geschichte noch weiter ausgesponnen. Wenn demnach ein Teil der Figuren aus der antiken Mythologie plötzlich in der Hölle erscheinen kann, müsste ja auch der übrige Teil irgendwo abgeblieben sein. Aus der Frage: „Was passierte eigentlich mit den anderen alten Göttern?“ entstand die Geschichte, womit ich zugleich eine Allegorie vom historischen Wandel der Glaubensrichtungen verknüpfen konnte.

Was sind deine weiteren literarischen Vorbilder und Inspirationen?

Cathryn: Neben Dantes „Inferno“ und seiner Vorstellung der Struktur der Hölle mit den verschiedenen Kreisen, der Zuordnung der Sünden und einigen der Figuren, ohne das die Geschichte in dieser Form nie entstanden wäre, war für die Rahmengeschichte zudem Miltons „Verlorenes Paradies“ eine Inspiration, sowie, was das mythologische Personal betrifft, die klassischen antiken Sagen. Eine weitere Inspirationsquelle waren darüber hinaus eine Reihe urbaner Legenden, wie sie heute im Internet kursieren. Innerhalb der Geschichte und zusammen mit den mythologischen Vorlagen ließen sich diese erstaunlich logisch einbauen.

Ich danke für das Interview

Hilke Grabenkamp

www.inferno-book.com

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